Dr. Emil Bernhardt: Der Klang der Geschichte. Aufführungspraxis des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt
Dissertation: Der Klang der Geschichte
Diese Studie befasst sich mit der Aufführungspraxis des österreichischen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt (1929-2016). Der Ansatz ist eher ästhetisch und philosophisch als biografisch und historisch. Ziel der Studie ist es, Konzepte zu diskutieren und zu entwickeln (teils aus Harnoncourts eigenen Texten, teils aus einem breiteren theoretischen Vokabular), die zentrale Aspekte von Harnoncourts spezifischer Interpretations- und Aufführungspraxis aufzeigen und sichtbar machen können. Darüber hinaus soll sie einen Beitrag zu einer allgemeineren konzeptionellen Entwicklung in der aktuellen Forschung zur musikalischen Interpretation, insbesondere im Hinblick auf Orchestermusik, leisten.
Eine Grundannahme der Studie ist, dass Harnoncourts Aufführungspraxis ihre Wurzeln in dem hat, was als historisch informierte/orientierte Aufführungspraxis (HIP) bezeichnet wurde. In der Studie wird argumentiert, dass die historische Orientierung, die diese Bewegung kennzeichnet, der Praxis der musikalischen Interpretation ein diskursives Element hinzufügt. Mit „diskursivem Element“ meine ich zum einen die Beschäftigung mit historischem Wissen und Informationen (die in der Regel in akademischen Begriffen artikuliert werden), zum anderen die Reflexion darüber, wie diese Informationen die konkrete musikalische Aufführung beeinflussen können. Die grundlegende Untersuchung der Studie richtet sich auf das Verhältnis zwischen historischem Bewusstsein und musikalischem Erfolg, zwischen konzeptioneller Orientierung und praktischer Interpretation und zwischen theoretischem Diskurs und ästhetischer Erfahrung.